Allgemein

Fußball Der Birkenwerder BC steht nach dem Aufstieg in die Landesliga vor einer schweren Saison. Sebastian Schwebs, seit 16 Monaten Vereins-Chef, ist trotzdem die Ruhe selbst. Von Jürgen Zinke

Wie überall hat die Zeit mit dem Corona-Virus auch beim Birkenwerder BC 1908 viel Neues gebracht, viele Dinge verändert und auch  Denkweisen korrigiert. Zum einen stand der Verein wegen des Abbruchs der Saison nach 17 Begegnungen mit acht Punkten Vorsprung vor der Reserve des Oranienburger FC Eintracht in der Landesklasse Nord als Aufsteiger zur Landesliga fest. „Obwohl noch ein paar Spiele fehlten, ist der Aufstieg wohl verdient. Es wird in die Vereins-Chronik eingehen, dass wir der Pandemie-Aufsteiger waren“, sagt BBC-Trainer Florian Glitza. Sein Team hatte bis zum Zeitpunkt des Abbruchs lediglich zwei Partien verloren, das beachtliche Torverhältnis von 56:26 und mit 33 Treffern stand wie in den Spielzeiten zuvor erneut BBC-Stürmer Ron Haß einsam an der Spitze der Torjäger-Liste.

Nun geht es also in der Landesliga weiter. „Der größte Erfolg in der Verein-Geschichte“, wird da mehrfach geschrieben und bejubelt. Aber halt,  ältere Birkenwerderaner erinnern sich da noch genau an jene „Goldene Sechsziger“, als die damalige BSG Birkenwerder in der Spielserie 1962/63 Staffelsieger der Bezirksklasse Staffel C wurde und zur Saison 1963/64 in die Bezirksliga aufstieg. Nach der Auflösung der zweiten DDR-Liga war das nun die dritthöchste Spielklasse der DDR nach Oberliga und DDR-Liga. Drei Serien lang hielt die Mannschaft die Klasse, bevor dann am 7. Mai 1967 mit dem 1:1-Unentschieden gegen Stahl Hennigsdorf der Abstieg besiegelt wurde. Legendäre Duelle gab es in den drei größten Jahren des Fußballsports in Birkenwerder auf dem gefürchteten Schlackeplatz, der „Schmirgelscheibe“ am Rathaus, der immer bebte, wenn die Mannschaft vor Hunderten von Zuschauern auflief. Und unter den Gegnern von damals waren auch Teams aus Babelsberg, Premnitz, Hennigsdorf und Brandenburg, die nun auch wieder zur Konkurrenz gehören werden. „Premnitz und Hennigsdorf, das waren immer ganz heiße Kisten mit knappen Ergebnissen und vielen Zuschauern“, erinnert sich der 83-jährige Siegfried Schröter. Der „Boss“ war damals Mannschaftskapitän, wohnt noch heute in Birkenwerder und hat auch in der Vergangenheit einige Heimspiele des BBC als Zuschauer verfolgt.  „Ich habe mir fest vorgenommen, jetzt wieder öfter zum Platz zu fahren. Es kommen mit den Namen der Gegner doch viele Erinnerungen auf“, sagt Schröter.

Sowohl sportlich als auch personell und im Umfeld hat sich beim BBC einiges gedreht. „Für uns war die Corona-Pause keine Zeit des Ausruhens“, sagt Sebastian Schwebs, der seit März 2019 nach einigen Unruhen und Rücktritten im alten Vorstand neuer Vereinsvorsitzender ist. „Ich hatte damals gesagt, dass ich schon irgendwie helfen möchte. Und dann fragte man, ob ich mir auch vorstellen könnte, Vorsitzender zu werden.“ Schwebs, der als Controller in einer Firma in Berlin-Marzahn arbeitet, wurde mit großer Mehrheit gewählt. Und er tat mit seiner ruhigen, fast bedächtigen Art und seiner neuen Führungs-Crew dem wacklig wirkenden Verein sichtlich gut. „Der zeitliche Aufwand ist schon beträchtlich. Aber die Zusammensetzung im Vorstand passt. Den Schriftkram erledigen meine Mitstreiter“, sagt Schwebs. Neben dem Aufstieg sieht er die komplette Renovierung des Vereinsheimes an der Summter Straße als positiven Aspekt der Corona-Krise. Drei Monate ohne Spiele und Training wurden von etwa 15 Vereinsmitgliedern und Firmen des Ortes genutzt, um den Tresen im Casino umzubauen, alle Kabinen neu anzustreichen und den Fußboden abzuziehen. Die Räume sehen blitzsauber aus, ein Schmuckstück mit großem beleuchteten Vereins-Emblem über dem Tresen ist entstanden. . Ein neuer, größere Fernseher und ein neuer Kühlschrank wurden gekauft. „Wir haben wirklich wenig Geld ausgegeben, weil uns viele umsonst geholfen haben.“

Fast umsonst ist auch der Kader für den künftigen Landesligisten entstanden. Denn mit Moritz Reimann, Kai und Tim Seidenspinner sowie Mazurice Mewes rücken Talente aus dem Nachwuchs auf. Der 30jährige Patrick Kain kommt vom Kreisoberligisten Einheit Zepernick und hatte in der vergangenen Saison 14 Treffer für den Staffelsieger erzielt. Paul Gebhardt und Rone Lorenz haben den BBC verlassen. „Es wird sich zeigen, wie es mit Haß und Kain als Stürmern läuft. Auf jeden Fall haben wie damit mehr Varianten. Und dass wir an Moritz Reimann sicher unsere Freude haben werden, hat man ja auch heute wieder gesehen“, sagte Florian Glitza am vergangenen Sonnabend nach dem Testspiel gegen Blau-Weiss Hohen Neuendorf. Der BBC hatte zwar mit 2:3 verloren, aber mit seine beiden Treffern und noch einigen hochkarätigen Chancen hatte der 18-jährige Stürmer seine Stärken nachdrücklich unter Beweis gestellt. „Klar ist auf jeden Fall, dass es zunächst um den Klassenerhalt geht“, sagt Glitza. Und angesichts des Auftakt-Programms seines Team meint Glitza: „Da kannst du nach dem Heimspiel gegen Neustadt, der Auswärtspartie in Ahrensfelde, dem spielfreien Wochenende und dem nächsten Auswärtsspiel in Wittstock schon mal mit leeren Händen dastehen. Und dann must du Charakter zeigen.“

Doch so weit schaut man bei BBC eigentlich noch gar nicht. Am Sonnabend soll erst einmal das Kreispokal-Viertelfinalspiel bei SV Friedrichsthal II gewonnen werden. „Das ist ganz einfach Pflicht“, sagt Vereinschef Schwebs. Am 1. August würde dann das Pokal-Halbfinale anstehen. Und bei einem Sieg eine Woche später das Endspiel. „Der Sieg im Kreispokal wäre schon ein gelungener Saison-Auftakt“, blickt Glitza voraus. Derzeit klagt er allerdings noch über magere Trainingsbeteiligung. „Aber angesichts der Situation muss man sicher auch verstehen, wenn einige jetzt im Urlaub sind. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie wir uns in der neuen Klasse schlagen werden. Und ich freue mich riesig aus das erste Spiel.“ Und am Mittwoch hat eine weitere Nachricht beim BBC für Vorfreude, aber auch Respekt gesorgt. Denn als Gegner in der 2. Runde des Landespokals (15./16. August) wurde dem Team kein Geringerer als Brandenburgligist TuS 1896 Sachsenhausen zugelost. „Na, da können wir ja schon mit der dritten Runde planen“, war die erste scherzhafte Reaktion vom Übungsleiter. „So dick hätte es ja nun wirklich nicht gleich kommen müssen. Aber natürlich ist das ein äußerst attraktives Los und ein richtiger Gradmesser, und das wird sicher auch einige Fans anlocken. Mal sehen, wie wir uns schlagen“, fügt Glitza sachlich hinzu. Besonderheit am Rande: Bereits für den 4. August hatten beide Vereine ein Testspiel in Sachsenhausen vereinbart. „Von unserer Seite soll es dabei auch bleiben, weil wir sonst kaum Vorbereitungsmöglichkeiten haben“, sagt Glitza.